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Streuobstwiese Weinberg
Der Südwesthang des Sulbergs, an dem wir uns befinden, heißt noch heute „Am Weinberg“. Auf den Terrassen, die man noch sehr gut von der Bundesstraße aus erkennen kann, wurde früher Wein angebaut. Weinanbau vermutet man eher in Süddeutschland an den Südhängen der großen Flusstäler, aber nicht im Eichsfeld. Doch auch in Norddeutschland gab es seit dem 6. oder 7. Jahrhundert Weinanbau. Treibende Kraft war hierbei die katholische Kirche, sie brauchte den Wein für die Messfeier in den Pfarrkirchen und Klöstern. In der „Politischen Geschichte des Eichfeldes“ von Johann Wolf, die 1792/93 erschienen ist, wird beschrieben, dass es einen „Weinanbau mehrere Jahrhunderte hindurch“ auch in Duderstadt gab.
Obstanbau auf den Terrassen des Weinbergs. Das Bild stammt von Bernward Schwarze aus Mingerode. Sein Vater Wilhelm (Küster) war einer der wenigen Mingeröder, die schon seit den 1930er-Jahren einen Fotoapparat besaßen. Auf dem Bild sieht man Bernward Schwarze und seine ältere Schwester Luzia in ihren Sonntagssachen. Das Bild ist 1956 aufgenommen worden. Die Obstplantage sieht sehr gepflegt aus. Das eingeschossige helle Gebäude in der Mitte war die Gastwirtschaft.
In einem Artikel in der Zeitschrift „Goldene Mark“ beschreibt Paul Buerschaper, dass es in einigen Orten Weinberge gegeben haben soll, die Flurnamen deuten darauf hin. „Der Weinberg des Klosters lag unter dem Lindenberg und war 12 Morgen groß“, beschreibt er beispielsweise den Weinberg des Klosters Teistungenburg bei Gerblingerode.
12 Morgen Land waren immerhin 30.000 qm, ca. 3 Sportplätze groß. Der Duderstädter Wein war allerdings ein sehr saurer Tropfen. Beim Mosten wurde Zucker und Honig zugeführt, um den Wein genießbar zu machen. Der Anbau der Weinreben endete mit dem 30-jährigen Krieg (1618-1648). Die kühleren, niederschlagsreichen Sommer während der „Kleinen Eiszeit“, etwa vom Ende des 16. bis ins 19. Jahrhundert, brachten den norddeutschen Weinanbau zum Erliegen. Auf den Terrassen des Duderstädter Weinberges sind später Obstbäume angepflanzt worden. Weinreben fand man bis um 1960 an Häuserfronten der alten Fachwerkhäuser in den Dörfern. Auch der daraus selbstgemachte Wein war sehr sauer.
Wichtiger für die Duderstädter war der Hopfenanbau, der für das damals gute Duderstädter Bier benötigt wurde. Ab dem 13. Jahrhundert wurde in Duderstadt Bier gebraut. Die Bierbrautradition endete 1922. Die letzte Duderstädter Brauerei war Keseling „Am Felsenkeller“. Unser Wanderweg führt an dem Gebäude vorbei.
Inmitten der Obstbäume am Weinberg gab es ein kleines Gartenlokal. Das Lokal war ein beliebtes Ziel für den sonntäglichen Familienausflug. Auf den Terrassen wurden unter den Obstbäumen noch Erdbeeren angebaut. Das war früher oft so, dass in Obstplantagen unter den Bäumen noch andere
Früchte angebaut wurden, z.B. Johannisbeersträucher oder, solange die Bäume noch jung waren, auch Kartoffeln. Das Lokal am Weinberg wurde zum Schluss von Auguste Müller aus Duderstadt und Norbert Mecke aus Mingerode betrieben. Der Betrieb endete im Herbst 1969, das Gebäude wurde anschließend abgerissen. Heute gibt es nur noch die Fundamente des Lokals.
Die drei Bilder von der Weinbergschänke stammen von Herrn Uwe Gratze, der früher ein Fotogeschäft auf der Duderstädter Marktstraße hatte.
Der Weinberg wurde anschließend an eine Siedlungsgenossenschaft, die im gewerkschaftlichen Besitz befindliche „Neue Heimat“, verkauft. Es war zeitweise eine Bebauung des Weinberges geplant. Heute befindet sich der Weinberg im Besitz von Herrn Hans Georg Näder.
Der Weinberg kann vom Weg eingesehen werden. Es sind nur noch Reste des alten Obstbaumbestandes vorhanden, der in den letzten Jahren durch Anpflanzungen teilweise erneuert worden ist. Die Bäume haben sehr stark unter dem Mistelbefall gelitten. Misteln sind sogenannte Halbschmarotzer, die zwar selbst Photosynthese betreiben, den Obstbäumen aber Wasser und Nährstoffe entziehen. Das kann die Obstbäume soweit schädigen, dass sie absterben, insbesondere in wasserarmen Jahren. Die Misteln sollten möglichst jährlich entfernt werden, im Winter sieht man die kleinen grünen Blätter und Stängel besonders gut an den Bäumen. Wichtig ist, dass die Misteltriebe nicht mehrere Jahre an den Bäumen wachsen, bis sie weiße Beeren tragen. Die Beeren werden von den Vögeln gefressen und über den Kot ausgeschieden. Hierdurch überträgt sich der Mistelbefall auf andere Bäume. Die Bäume am Weinberg und die Pappeln an der Hahle sind stark von Misteln befallen. Einige Misteln sind schon in den Obstbäumen auf dem Weg zum Sulberg und im Kirchtal gefunden worden.
Ein Apfelbaum oberhalb des Kirchtals ist stark von Misteln befallen.
Die Misteln sind entfernt worden.